Wenn du wirklich fotografieren lernen willst, musst du verstehen, wie die Blende, die Belichtungszeit und die ISO miteinander und gegeneinander wirken. Veränderst du einen Wert, musst du den anderen anpassen, damit dein Bild nicht zu dunkel oder zu hell, sondern optimal belichtet wird. Um den Zusammenhang zwischen den Dreien einfach zu verstehen, erkläre ich dir das Ganze einfach mal mit ein paar simplen Beispielen.
Du brauchst etwas Vorstellungskraft…
Auf einem Tisch steht eine leere Flasche mit 3 Strichen – die Flasche steht für deine Kamera bzw. deinen Kamerasensor. Um ein optimal belichtetes Foto zu bekommen, müssen wir die Flasche, in einer bestimmten Zeit bis zum mittleren Strich mit Wasser füllen – das Wasser steht hier für das Licht, welches sonst durch dein Objektiv auf deinen Sensor fällt. Drückst du den Auslöser, fällt das Licht nicht direkt auf deinen Kamerasensor – sondern muss erst durch dein Objektiv an der Blende vorbei – das stellen wir in unserem Beispiel als Trichter dar, dessen Größe wir variabel einstellen können. Natürlich wollen wir die ISO nicht vergessen – für unser Beispiel ist die ISO ein Haufen kleiner Steine. Die Belichtungszeit – ist die Zeit… – hier brauchen wir uns eigentlich nichts weiter vorstellen – außer du bist eher der optische Typ – dann stell dir einfach eine Uhr vor.
Offene Blende – Lange Belichtungszeit
In unserem ersten Beispiel wollen wir eine Sanduhr am Strand fotografieren. Wir möchten gern ein tolles Bouquet für unser Foto – also öffnen wir die Blende so weit wie möglich ( Beispiel Blende 4.0 ) – falls du dich fragst warum… dann schau dir noch einmal den Artikel zum Thema Blende an. Um auch die Bewegungen der Wellen einzufangen, entscheiden wir uns für eine lange Belichtungszeit – z.B. 2 Sekunden. Die ISO ist auf ISO 800 eingestellt.
In der Flasche befinden sich also ein paar Steine ( ISO 800 ) und wir haben einen großen Trichter auf der Flasche ( Blende f/4 – große Blendenöffnung – großer Trichter ).
Wir drücken jetzt den Auslöser – schütten also für 2 Sekunden Wasser ( Licht ) durch den Trichter in unsere Flasche ( Kamerasensor ). Was passiert? Unsere Flasche füllt sich bis zum oberen Strich – unser Foto wird viel zu hell – also überbelichtet. Was können wir jetzt tun?
Viele Wege führen nach Rom
Wir haben jetzt mehrere Möglichkeiten, dass sich unsere Flasche nur bis zum mittleren Strich füllt. Wir könnten einfach kürzer belichten – sprich: Nicht 2 Sekunden lang Wasser in unsere Flasche schütten sondern nur 1 Sekunde – wir belichten also kürzer als vorher… doch was passiert, wenn wir kürzer belichten? Genau… wir können die Bewegungen des Wassers nicht mehr so gut einfangen wie mit einer längeren Belichtungszeit. Welche Möglichkeit haben wir noch? Wir können einen kleineren Trichter nehmen also die Blende etwas weiter schließen – dadurch kommt weniger Wasser durch den Trichter und die Flasche füllt sich nicht so schnell. Doch wie sieht unser Foto aus, wenn wir eine kleinere Blende nehmen? Die Tiefenschärfe nimmt zu – unser tolles Bouquet wird weniger – wollen wir das? Nein, es muss doch noch eine Möglichkeit geben… genau, die ISO ist ja auch noch da. Wir schrauben einfach die ISO runter… auf z.B. ISO 100 – nehmen also die kleinen Steinchen aus der Flasche – diese verdrängen jetzt kein Wasser mehr, und es passt mehr Wasser in unsere Flasche. Da Sie sich jetzt nicht mehr so schnell füllt, bekommen wir nun mit unserer gewählten Blende und unsere Wunsch Belichtungszeit ein optimal belichtetes Foto hin – da sich unsere Flasche genau bis zum mittleren Strich füllt. Einfach oder?
Brauchst du noch ein Beispiel?
Okay, ist nicht ganz so easy oder? Nehmen wir mal ein zweites Beispiel. Wir wollen gern ein paar fliegende Möwen fotografieren – einige fliegen weiter vorn – einige weiter hinten – alle fliegen auf jeden Fall ziemlich schnell. Für welche Einstellungen entscheiden wir uns? Da die Möwen sich schnell bewegen, sollten wir nur sehr kurz belichten – also z.B. nur 1/1000 Sekunde lang – um alle Möwen scharf zu bekommen, schließen wir die Blende ( z.B. Blende 16 ). Und die ISO? Im letzten Beispiel haben wir mit ISO 100 gute Erfahrungen gemacht – versuchen das hier einfach auch. Wir machen also unser Foto… schütten jetzt also für nur 1/1000 Sekunde Wasser durch unseren Trichter ( mit einer kleinen Öffnung ) in die leere Flasche. Was passiert? In der kurzen Zeit kommt viel zu wenig Wasser in die Flasche bzw. Licht auf unseren Sensor – unser Foto wird unterbelichtet, also viel zu dunkel. Was machen wir jetzt?
Die Wahl der Qual
Um unsere Flasche bis zur Mitte zu füllen haben wir wieder mehrere Möglichkeiten… erstens: Länger belichten! Wir können also länger Wasser in unsere Flasche schütten um diese bis zum mittleren Strich zu füllen. Problem: Wenn wir lange belichten machen wir Bewegungen sichtbar – die Möwen fliegen so schnell, das diese auf unserem Foto plötzlich unscharf werden, durch die Bewegungsunschärfe – also keine gute Wahl. Was jetzt? Wir können einen größeren Trichter nehmen – also die Blende weiter öffnen. So kommt mehr Wasser ( also Licht ) in unsere Flasche ( bzw. Kamerasensor ). Nachteil einer offenen Blende… Wenig Tiefenschärfe… die vordere Möwe wird scharf – die hintere unscharf und umgekehrt – auch keine gute Idee… und die ISO? Genau – wir erhöhen also die ISO – schütten also viele Steine in unsere Flasche – diese verdrängen mehr Wasser und wir benötigen weniger Wasser um unsere Flasche bis zum mittleren Strich zu füllen. Genial oder?
Grenzen austesten
Wenn du dich intensiv mit deiner Kamera beschäftigst und viel fotografierst wirst immer wieder an einen Punkt kommen, an dem du gern mit bestimmten Einstellungen fotografieren möchtest und dann merkst, dass deine Fotos zu hell oder zu dunkel werden. Denke hier einfach an das Beispiel mit der Flasche, dem Trichter und der ISO – denn je nachdem für welche Belichtungszeit, Blende oder ISO du dich entscheidest, beeinflusst das die jeweils andere Einstellung. Hast du alle Einstellungen bis an Ihre Grenzen ausgereizt und bist mit dem Ergebnis weiterhin unzufrieden -brauchst du entweder eine bessere Kamera oder… besseres Zubehör. Externe Blitzgeräte, Graufilter oder spezielle Objektive unterstützen dich dabei, deine Fotos nach genau deinen Vorstellungen zu erstellen – das erklär ich dir aber in einem der nächsten Artikel.